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Mehrheit der öffentlichen Auftraggeber weiterhin ohne zentrale nachhaltige Beschaffungsstrategie

Studie der Universität Würzburg analysiert Einkaufsverhalten der öffentlichen Hand in Bezug auf biobasierte Produkte

Die Beschaffung ökologisch nachhaltiger Produkte seitens der öffentlichen Auftraggeber hat zwar offiziell einen höheren Stellenwert bekommen, insgesamt erscheint deren Bedeutung aktuell in der Gesamtschau aber nach wie vor eher gering zu sein. Viele Behörden begnügen sich mit einer klimabewussten Beschaffung einzelner Produktkategorien, eine umfassende nachhaltige Beschaffungsstrategie hat sich in der Breite noch nicht durchgesetzt – so das Fazit einer aktuellen Studie der Universität Würzburg unter der Leitung von Professor Ronald Bogaschewsky. 

Sie befasst sich mit der Situation der öffentlichen Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen in Deutschland. Dazu wurden über 1.000 Vergabestellen befragt, 60 Ausschreibungsplattformen analysiert und qualitative Interviews, u.a. in Best-Practice-Kommunen, geführt. Im Ergebnis lassen sich wichtige Erkenntnisse ableiten, mit denen Verwaltungen und Kommunen ihre Beschaffungsstrukturen erfolgreich klimaneutral umstellen können.


Nachhaltige Beschaffung von Büroartikeln am weitesten verbreitet
Der tatsächlich beschaffte Anteil an Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen ist stark produktgruppenabhängig. Am gängigsten ist der Einkauf von biobasierten Büroartikeln: Hier geben immerhin zwei Drittel der Befragten an, bereits einzelne Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen zu beschaffen. Für knapp 25 Prozent der öffentlichen Auftraggeber sind Nachhaltigkeitsaspekte bei Einkaufsentscheidungen besonders relevant oder sogar ausschlaggebend. Auch die Produktgruppen Büro- und Raumausstattung, Verpackungsmaterialien sowie Baustoffe werden von etwa einem Viertel der Befragten ganz oder teilweise aus nachwachsenden Rohstoffen beschafft. Schlusslichter beim biobasierten Einkauf sind die Produktgruppen Textilien (Beschaffungsvolumen: 10 Prozent) und Schmierstoffe (8 Prozent). Ein grundsätzlich positiver Trend pro Nachhaltigkeit zeichnet sich jedoch bei allen Produktgruppen ab. 

Blauer Engel, FSC oder PEFC in Ausschreibungen besonders präsent
Gütezeichen können in Ausschreibungen, etwa in der Leistungsbeschreibung oder in den Zuschlagskriterien, gefordert werden, um die Einhaltung gewisser Standards und Anforderungen zu gewährleisten. Die Studienergebnisse zeigen, dass renommierte Siegel wie der Blaue Engel, FSC oder PEFC in nahezu allen Produktgruppen besonders häufig verwendet werden. In den Güterkategorien Reinigungsmittel sowie Büro- und Raumausstattung kommt vermehrt das EU-Umweltzeichen (EU Ecolabel) zum Einsatz. In der Produktgruppe Textilien, bei deren Ausschreibungen am häufigsten Siegel genutzt werden, dominieren dagegen Oeko-Tex und Global Organic Textile Standard (GOTS). Für die Bereiche Schmierstoffe sowie Dünge- und Pflanzenschutzmittel konnten nur wenige Ausschreibungen mit Vorgabe von Gütezeichen gefunden werden, weswegen Ronald Bogaschewsky an dieser Stelle ein Potenzial für die Erabeitung und Etablierung eines neuen Siegels mit Bezug zu nachwachsenden Rohstoffen sieht.

Best-Practice: Schaffung einer Kompetenzstelle gilt als größten Treiber für nachhaltige Beschaffung
Experten aus Best-Practice-Verwaltungen haben in qualitativen Interviews Treiber und Hemmnisse für einen vermehrten Einkauf biobasierter Produkte benannt. Demnach wurden vor allem die Schaffung einer Stelle für nachhaltige Beschaffung, die Einführung verwaltungsinterner (verbindlicher) Vorgaben sowie ein intra- und interkommunaler Austausch positiv hervorgehoben. Als Hemmnisse gelten Unsicherheiten der Bedarfsträger, ein als mangelnd empfundenes Angebot sowie Vorbehalte gegenüber Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen im Allgemeinen. Umso wichtiger seien vollumfängliche Informationsangebote, eine sukzessive Umstellung hin zu biobasierten Produkten sowie „Testkäufe“, um Bedenken schrittweise zu verringern, schlussfolgern Bogaschewsky und sein Team.

Ausführliche Informationen zum Forschungsprojekt, zur Methodik und zu den Ergebnissen stehen online unter www.nawa-ro.de zur Verfügung. 

- Text: Christian Kitzmann / Ute Papenfuß


Hintergrund:
Das Projekt „Identifikation, Visualisierung und Analyse verwaltungsinterner Strukturen zur Förderung der öffentlichen Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen“ wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen des Förderprogramms Nachwachsende Rohstoffe/Gesellschaftlicher Dialog gefördert.

Zum Projekt: https://nachhaltige-beschaffung.fnr.de/index.php?id=15754&fkz=2219NR183

Umfassende Studienergebnisse zur Nachhaltigen Beschaffung mit NawaRo in Deutschland wurden auf der Projektwebsite veröffentlicht. Bild: FNR/Ute Papenfuss

Umfassende Studienergebnisse zur Nachhaltigen Beschaffung mit NawaRo in Deutschland wurden auf der Projektwebsite veröffentlicht. Bild: FNR/Ute Papenfuss