Nachhaltige BeschaffungFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

 

Einkauf von Materialien für vegetationstechnische Maßnahmen

Für vegetationstechnische Maßnahmen im Garten- und Landschaftsbau gibt es insbesondere bei Baumpflanzungen neue oder aber auch altbewährte Materialien auf Basis nachwachsender Rohstoffe. Dazu gehören beispielsweise Stammschutz- und Bindematerialien oder abbaubare Drainage- und Belüftungsrohre.

- Text: Klaus Diehl, erschienen im "Themenheft II: Öffentliche Grünflächen & Forst" aus der Reihe Nachwachsende Rohsoffe im Einkauf (2012) der FNR. 


Abbaubare Baumverankerung und Drainagerohre

Bei der Neupflanzung werden Bäume und Großgehölze üblicherweise verankert. Hierzu gibt es am Markt als Alternative zu konventionellen Produkten Heringe, Verankerungsseile und Gießrandfolien aus abbaubaren biobasierten Kunststoffen. Neben biobasierten Verankerungsseilen zur oberirdischen Verankerung von Gehölzen gibt es mittlerweile auch ein biologisch abbaubares Unterflurverankerungssystem für Bäume bis zu einem Stammumfang von 35cm aus Biopolymeren und Eisenkomponenten. Das System ist regelkonform mit den Anforderungen der FLL-Empfehlungen für Baumpflanzungen und Fll-ZTV-Großbaumverpflanzung. Der Gurtwerkstoff erfüllt die Norm DIN EN 13432 und trägt daher das „Keimlings-Siegel“ der European Bioplastics e.V. sowie das Vinçotte-Siegel.

Nach Laborversuchen gem. DIN EN 12225 (Prüfverfahren zur Bestimmung der mikrobiologischen Beständigkeit durch einen Eingrabungsversuch) wird gleichermaßen sichergestellt, dass eine Mindesthaltbarkeit von vier Jahren zur Aufrechterhaltung der Funktion gewährleistet ist. Dem System liegt eine druckverteilende Kokosmatte bei, wodurch der Wurzelballen geschont wird. Weiterhin werden zur Bewässerung und Belüftung des Wurzelraumes neu angepflanzter Bäume üblicherweise Drainagerohre verwendet. Als Alternative zu Drainrohren aus herkömmlichen Kunststoffen sind neuerdings auch abbaubare Drainagerohre erhältlich. Wenn die Gehölze angewachsen sind, werden die Materialien sukzessive durch Mikroorganismen zersetzt.

Wundschutz: Folie oder Klebeband aus Kartoffelstärke löst sich am

Stamm allmählich biologisch auf. Bild: GEFA Produkte Fabritz GmbH

Bindematerial für Baumanbindungen

Bindematerialien aus nachwachsenden Rohstoffen bieten den theoretischen Vorteil, dass sie im Laufe der Zeit verrotten und nicht entsorgt werden müssen. Dies erspart jedoch nicht die regelmäßige Kontrolle derartiger Baumbefestigungen.

Als das geeignetste Material für die Baumbindung haben sich Stricke und Flechtzöpfe aus Kokosfasern erwiesen, die in unterschiedlichen Stärken recht preisgünstig auf dem Markt angeboten werden. Bei Kokosstricken werden Kokosfasern zusammengedreht, während die Kokosflechtzöpfe um eine innere Faser oder Litze (Seele) herum angefertigt werden. Geflochtene Seile sind meist elastischer und lassen sich nicht aufdrehen. Andere Naturfaserprodukte wie Baumbänder aus Baumwolle, Jute-Baumwoll-Gewebe oder Baumgurte aus Jutegewebe haben sich wegen zu geringer Haltbarkeit als ungeeignet erwiesen. Kokos-Bindematerialien weisen in der Regel eine gute Haltbarkeit über mehrere Jahre auf.

Baumbefestigungen sind im Rahmen der Fertigstellungs- und Entwicklungspflege mindestens halbjährlich zu kontrollieren und nach einer bestimmten Zeit zu entfernen. Dies muss im Leistungsverzeichnis berücksichtigt werden, möglichst als eigene Position anstatt in Kombination mit einer anderen Leistung.

Bindematerialien aus Kokos bieten einen guten Kompromiss zwischen Haltbarkeit und Verrottung. Während wenig flexibles und dauerhaftes synthetisches Bindemateriaaufgrund mangelhafter Entwicklungspflege schnell in den Stamm einwachsen kann, bietet das abbaubare, elastische Kokosmaterial eine Sicherheitsreserve gegen die Gefahr einer Strangulation.

Kokos-Baumbinder ist aufgrund seiner Flexibilität trotz versäumter Beseitigung auch nach einigen Jahren noch nicht eingewachsen und baut sich langsam ab. Bild: Klaus Diehl

Stammschutz

Stammschutz ist nicht nur Verdunstungsschutz und Schutz vor Fraß- und Fegeschäden, wie in der DIN 18916 „Vegetationstechnik im Landschaftsbau, Pflanzen und Pflanzarbeiten“ gefordert, sondern auch Schutz vor Sonneneinstrahlung und Frost. Weitere Richtlinien zum Stammschutz finden sich in der ZTV-Großbaumverpflanzung, der ZTV-Baumpflege und den FLL-Empfehlungen für Baumpflanzungen.

Neben den vor Sonne schützenden Baumanstrichen sind als pflanzliche Schutz- und Schattierungsmaterialien Jutebandagen sowie flexible Matten aus nachwachsenden Rohstoffen wie Schilfrohr, Miscanthus, Weidenruten, Heidekraut, Bambusstäben, Holzleisten oder Kokosfasern auf dem Markt.

Synthetische, zähe und nicht verrottende Materialien bieten zwar einen guten mechanischen Schutz, wirken jedoch nicht temperaturausgleichend und sind damit nicht rindenschonend. Durch die Witterungseinflüsse, insbesondere durch die UV-Einstrahlung, verspröden die Kunststoffe und werden steif und brüchig. Wird der synthetische Stammschutz nicht fachgerecht angebracht oder unterbleibt im Rahmen der Entwicklungs- und Fertigstellungspflege die Prüfung auf korrekten Sitz des Schutzes, dann können die zunehmend starren und scharfkantigen Kunststoffmanschetten insbesondere im konkav auslaufenden Stammfußbereich zu Einwachsungen und somit zu irreparablen Stammschäden führen.

In Vergleichsuntersuchungen der Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (LLFG) Quedlinburg brachten unter den Schattierungsmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen Schilfrohrmatten die besten Ergebnisse. Sie sind zudem die preisgünstigste Stammschutzvariante. Wenn der Anspruch an den mechanischen Effekt der Matten höher ist, kann es angezeigt sein, die zwei- bis dreimal so teuren Stammschutzvarianten aus Weide oder Bambus zu wählen, die in den Untersuchungen ähnlich gut abgeschnitten haben. Vom Stammschutz mit Jute- und Lehm-Jute-Bandagen ist abzuraten, da es zwischen Jute und Rinde zu Hitzestaus und infolgedessen zu Rindenschäden kommt. Stammschutzmatten sollten mindesten 5 Jahre, möglichst sogar länger am Baum belassen werden (Schneidewind 2002). Infrage kommen dafür nur drahtgebundene Matten, da Kunststofffäden durch die Sonneneinstrahlung verspröden und reißen und die Matten dann zerfallen. Matten, die fachgerecht angebracht und im Rahmen der Entwicklungsund Fertigstellungspflege regelmäßig kontrolliert werden, schützen wirksam vor Sonneneinstrahlung, mechanischen Schädigungen und Verbiss.

Biobasierter Folienverband für Baumschäden

Eine neue und bislang relativ unbekannte Art des Wundverschlusses bietet ein Folienverband aus Biokunststoff auf Basis von Mais- oder Kartoffelstärke. Die Folie kann, im Gegensatz zu flüssigen oder pastenförmigen Wundverschlussmitteln, auch bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt für eine Wundbehandlung eingesetzt werden. Sie findet Verwendung insbesondere bei großflächigen Rindenverletzungen, z.B. verursacht durch Wildverbiss oder Auffahrschäden.

Nachdem sichtbare Fremdkörper aus der Baumwunde entfernt und ggf. große Rindenstücke mit dünnen Aluminiumnägeln wieder fixiert wurden, wird die Wunde mithilfe einer Sprühflasche mit Wasser benetzt, mit dem Folienverband umwickelt und mit biologisch abbaubarem Klebeband fixiert. Der Verband soll die Wunde für etwa 12 Monate vor Austrocknung schützen, sodass sich neues schützendes Gewebe ausbilden kann. Nach etwa 18 Monaten ist der Verband so spröde, dass er vom Baum fällt und biologisch abgebaut werden kann. Ein weiterer Arbeitsgang zur Entfernung und Entsorgung des Verbands ist somit nicht nötig. Eventuell noch vorhandene dünne Aluminiumnägel wachsen in die neue Rinde ein und stellen kein Problem für den Baum dar. Für die Versorgung von Wunden quer zur Baumfaser, wie sie beispielsweise beim Astschnitt entstehen, sind Folien eher ungeeignet. Hier werden weiterhin die üblichen flüssigen oder pastenförmigen Präparate verwendet, die der Wunde physikalischen Schutz bieten. Die Basis der streichförmigen Wundverschlussmittel aus nachwachsenden Rohstoffen besteht in der Regel aus Baumharzen und Bienenwachs. Je nachdem, ob sie mit Fungiziden ausgerüstet werden oder nicht, gelten sie rechtlich entweder als Pflanzenschutzmittel oder als Pflanzenstärkungsmittel.

Abdeckmaterial

Eine Abdeckung von Stauden und Gehölzen dient dem Schutz vor Frost und schützt insbesondere vor größeren Temperaturschwankungen. Für empfindliche Stauden eignen sich als Abdeckmaterial Laub, Stroh, Mulch, Humus oder grober Kompost. Für Rosen und Kleingehölze kann Tannen- oder Fichtenreisig verwendet werden, welches man im günstigen Fall nach der Nutzung als Winterabdeckung noch weiter als Totholzmaterial für ingenieurbiologische Bauweisen oder Totholzzäune verwenden kann. Zum Schutz von Baumstämmen kommen bevorzugt die o. g. Schilfmatten oder Schutzanstriche zum Einsatz.

Stammschäden durch spröde Kunststoffmanschetten und mangelhafte Entwicklungspflege, Bild: HeRo e.V.

Tipps für die Anwendung und Ausschreibung
  • Stammschutz: Schilfrohrmatten sind preisgünstig und bieten einen guten Stammschutz. Weide oder Bambus sind gute Alternativen bei höherer mechanischer Belastung.

  • Bindematerial: Kokos-Bindematerial weist eine gute Haltbarkeit über mehrere Jahre auf.


  • Kontrolle: Sowohl Stammschutz als auch Bindematerial sind regelmäßig zu kontrollieren und nach der festgelegten Pflegezeit zu entfernen. Entsprechende Positionen sind im Leistungsverzeichnis vorzusehen und nacherbrachter Leistung abzurechnen.


  • Wundverschluss: Im Falle großflächiger Rindenverletzungen bietet sich neben streichbaren Wundverschlussmitteln weiterhin die Aufbringung einer biobasierten Wundverschlussfolie an. Diese empfiehlt sich insbesondere bei tiefen Temperaturen, wenn flüssige oder pastenförmige Produkte nicht mehr verwendet werden können.

 


Weitere Informationen zum Thema Nachhaltiger kommunaler GalaBau:

Themenheft II: Grünflächen und Forst aus der Publikationsreihe Nachwachsende Rohstoffe im Einkauf

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