Nachhaltige BeschaffungFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

 

Auf Zukunftskurs: Holzbau & Kommunaler Klimaschutz

von Prof. Dr.-Ing. Annette Hafner

Um die Vorgaben im Klimaschutzgesetzen bis 2045 erreichen zu können, ist der Gebäudesektor einer der wichtigsten Bestandteile, da dieser für mehr als ein Drittel der direkten und indirekten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Die Anforderungen an Klimaschutz, Ressourcenschonung, Energieeffizienz und zirkuläres Wirtschaften müssen vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Transformationsprozesse hier verstärkt umgesetzt werden. Nachdem die Treibhausgasreduktionen in der Nutzungsphase von Gebäuden für den Neubau in den letzten Jahren schon deutlich reduziert werden konnten, finden sich weitere Verbesserungsmöglichkeiten in der Konstruktionswahl. Hier kann der Holzbau seine Vorteile zeigen. 

Aber auch der Gebäudebestand, seine energetische Verbesserung und die Modernisierungen, sowie die Nachverdichtung sind in der Wichtigkeit nicht zu unterschätzen. Hier kommt der Holzbau schon heute zum Einsatz – etwa 69% der Holzbaustoffe können der Modernisierung zugeordnet werden1. Auch hier kann das Potenzial weiter gesteigert werden. Aufgrund der langjährigen Nutzungsdauer der Gebäude stellen sich die bis 2045 zu erreichenden Effekte nur langsam ein und deshalb müssen Anpassungen und geänderte Planungsvorgaben ab sofort in die Planungsprozesse eingespeist werden. 

Kommunale Planung
Der kommunalen Planung kommt bei der Umsetzung der Klima- und Ressourcenschutzziele eine zentrale Rolle zu, denn hier werden die Weichen für die Gebäudeplanung gestellt. Die Kommunen sind die Träger der städtebaulichen Planungshoheit und sollten in die Lage versetzt werden, diese Vorgaben zu planen und einzufordern. Hierzu gibt es bereits Vorzeigeprojekte, wie auch in diesem Leitfaden dargestellt wurde. Zukünftig sollte die Umsetzung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen auf kommunaler Ebene mit Bezug zum Gebäudebestand in enger Abstimmung mit den Zielen der kommunalen Bauleitplanung erfolgen. Dies stellt die Kommunen vor große Herausforderungen. Zugleich müssen auch die kommunalen Entscheider in die Lage versetzt werden, sich über die Konsequenzen ihrer Entscheidungen bewusst zu sein, um die Tragweite ihrer Entscheidungen ermessen zu können. Die Vorbildfunktion der Kommune als Bauherrin darf hierbei nicht unterschätzt werden. Schon manche Kommune hat den Klimanotstand ausgerufen oder sich zu ambitionierten Klimaschutzzielen verpflichtet. Nun müssen diese Ziele in Maßnahmen umgesetzt werden und hierzu braucht es verschiedene Bausteine und Möglichkeiten.

Holzbau und kommunaler Klimaschutz
Der Holzbau kann hierbei ein Baustein des kommunalen Klimaschutzes sein. Warum? Der vermehrte Einsatz von Holz und Holzwerkstoffen kann wesentlich dazu beitragen, die Treibhausgasemissionen des Bausektors langfristig zu senken. Der Holzbau wird hier als Teil des ressourcenschonenden Bauens gesehen und schließt deshalb Hybridgebäude mit ein. Um den Anteil an CO2 in der Atmosphäre zu verringern und die Kohlenstoffkreisläufe zu schließen, stehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Erstens die Reduzierung der CO2-Emissionen und zweitens die Bildung einer Kohlenstoffsenke durch den Entzug von CO2 aus der Atmosphäre. Holz besitzt die einzigartige Fähigkeit, beide Bereiche abdecken zu können.

(1) Substitution: Durch den Einsatz von Bauprodukten aus nachwachsenden Rohstoffen lässt sich Material aus endlichen Ressourcen wie Kunststoffe und Metall, aber auch aus mineralischen Fraktionen ersetzen. Dieser Austausch wird Substitution genannt. Weitere Informationen bietet hierzu das Forschungsprojekt „THG-Holzbau“2.

(2) Gebäude als Kohlenstoffspeicher: Im Gebäude eingebaute Holzprodukte stellen einen temporären biogenen Kohlenstoffspeicher dar, der die Freisetzung des Kohlenstoffs bis zur Entsorgung des entsprechenden Bauteils verzögert. Der Kohlenstoff wird erst durch energetische Nutzung, also Verbrennung des Holzes, freigesetzt. Je länger man ein Holzprodukt stofflich nutzt, desto länger bleibt die Speicherwirkung erhalten. Ein Gebäude aus 
Holz kann deshalb als temporärer Kohlenstoffspeicher bezeichnet werden.

Trägt ein großer Kohlenstoffspeicher zum Erreichen von Klimaschutzzielen bei, deutet zunächst alles auf eine möglichst großzügige Verwendung von Holz und Holzwerkstoffen hin. Im Sinne einer ressourceneffizienten Nutzung des Materials und dem sinnvollen Einsatz von Holzkonstruktionen ist für jede Bauaufgabe die Abwägung zwischen umfassenden Kohlenstoffspeicher und materialeffizienten Einsatz von Holz erneut zu treffen. Die Optimierung wird nach statischen, brandschutztechnischen, energetischen, ökonomischen und das Innenraumklima betreffenden Kriterien immer einen Kompromiss darstellen. Jede Konstruktionsart führt hierbei zu einem anderen Optimum.3 Eine Nebenanforderung sollte aber bei allen Gebäuden gestellt werden, nämlich der Nachweis einer nachhaltigen Holzbewirtschaftung. Hierzu eignen sich Zertifizierungen wie PEFC oder FSC, die Vorgaben aus dem Umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesen4 oder die Vorgaben aus den 
Nachhaltigkeitszertifizierungssystemen für Gebäude5. Im Sinne einer Erweiterung der Holznutzung könnte auch die Planung von kleineren kommunalen Brücken als Fuß- und Radwegbrücken als ein Baustein mit in die Überlegungen aufgenommen werden.

Eckpunkte für nachhaltiges kommunales Bauen
Der Holzbau kann aber „nur“ ein Baustein im kommunalen Klimaschutz sein. Auch Energieeffizienz, Schadstofffreiheit, Rückbau- und Recyclingfähigkeit müssen verankert werden. Hierzu ist es notwendig, die Vergaben im Bauwesen nicht nur an dem Preis zu orientieren, sondern auch die Möglichkeit zu nutzen weitere Kriterien (wie geringen CO2-Emissionen über den Lebenszyklus oder Kohlenstoffspeicher im Gebäude) heranzuziehen.6 ■

SKAIO ist Deutschlands erstes Hochhaus in Holz-Hybrid-Bauweise. Das 34m hohe Gebäude  mit 10 Geschossen steht in Heilbronn und wurde nach dem Cradle to Cradle Prinzip konzipiert. Bild: Bernd Borchardt

SKAIO ist Deutschlands erstes Hochhaus in Holz-Hybrid-Bauweise. Das 34m hohe Gebäude mit 10 Geschossen steht in Heilbronn und wurde nach dem Cradle to Cradle Prinzip konzipiert. Bild: Bernd Borchardt

Bundeswettbewerb Holzbauplus

Im Bundeswettbewerb HolzbauPlus würdigt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) seit 2012 Bauwerke, die die Vorzüge des Holzbaus mit dem Einsatz von Naturbaustoffen, intelligenten Wärmekonzepten und erneuerbaren Energien verbinden. Damit wird eine klimafreundliche, nachhaltige Baukultur ins Blickfeld gerückt. In der Kategorie „Öffentliches Bauen“ werden speziell Holzbauprojekte von öffentlichen Bauherren prämiert. 


1) Infro e.K.: Monitoring und Verwendung von Holzprodukten im Bausektor und Bestimmung der Potenziale für CO2-Bindung. Schlussbericht WKF, 28WB403201, Seite 11.
2) Hafner, A.; Rüter, S.; Ebert, S.; Schäfer, S.; König, H.; Cristofaro, L.; Diederichs, S.; Kleinhenz, M.; Krechel, M. (2017): Treibhausgasbilanzierung von Holzgebäuden – Umsetzung neuer Anforderungen an Ökobilanzen und Ermittlung empirischer Substitutionsfaktoren (THG-Holzbau). 148 S. Forschungsprojekt: 28W-B-3-054-01 Waldklimafonds. BMEL/BMUB. ISBN: 978-3-00-055101-7
3) Ganzer Absatz entnommen aus: Djahanschah, S.; Hafner, A.; Seidel, A. (2020): DBU Bauband 4: Wohnquartier in Holz – Mustersiedlung in München. Detail Business Information GmbH, München. doi: 10.11129/9783955535285. S.39–40.
4) https://ec.europa.eu/environment/gpp/pdf/handbook_de.pdf
5) www.bnb-nachhaltigesbauen.de
6) Deutscher Städtetag (Hsgb.) (2021): Nachhaltiges und suffizientes Bauen in Städten. S. 32–33. ISBN 978-3-88082-353-2


Prof. Dr.-Ing. Annette Hafner ist Architektin und Leiterin des Lehrstuhls Ressourceneffizientes Bauen an der Ruhr-Universität Bochum. Hier leitet sie zahlreiche Forschungsprojekte im Bereich des nachhaltigen Bauens mit Holz (z.B. THG-Holzbau, Holzbau-GIS). Annette Hafner ist Mitglied in Fachausschüssen und im wissenschaftlichen Beirat für Waldpolitik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie in der Steuerungsgruppe Charta für Holz 2.0.